Die Pleite eines geschlossenen Fonds ist für Anleger ein schwerer Schlag. Mitunter kommt es noch schlimmer – etwa wenn der Insolvenzverwalter Ausschüttungen zurückfordert. Das Landgericht Heilbronn hat ein interessantes Urteil gefällt, das den Insolvenzverwalter in die Schranken weist.
Das Landgericht Heilbronn hat ein für Anleger insolventer geschlossener Fonds oder stiller Gesellschafts- und Genussrechtsbeteiligungen wichtiges Urteil gefällt (Az: Bö 10 O 365/20 vom 20.8.): Sie müssen keine Rückforderungen von Ausschüttungen fürchten, wenn diese an vertragliche Regelungen geknüpft waren und nicht an die tatsächliche Ertragslage der Investition. Darauf macht Rechtsanwalt Axel Rathgeber von der Kanzlei Mattil & Kollegen aufmerksam, der das Urteil erstritten hat. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Im konkreten Fall stritten sich ein Anleger der geschlossenen Lombardium-Fonds und der Insolvenzverwalter Frank-Rüdiger Scheffler von der Kanzlei Tiefenbacher. Zur Erinnerung: Über die “Erste Oderfelder Beteiligungsgesellschaft mbH und Co. KG” floss Geld von Anlegern in das Hamburger Luxuspfandhaus Lombardium. Der Pfandleiher reichte es in Form von kurzfristigen, teuren Krediten an wohlhabende Personen zur Überbrückung finanzieller Engpässe aus, die dafür Luxusgegenstände hinterlegten. Für die Investoren sollten im Gegenzug für das geliehene Geld Renditen von bis zu sieben Prozent drin sein. Allerdings habe Lombardium, das 2016 Insolvenz anmeldete, gar keine Gewinn erzielt, sondern ein Schneeballsystem betrieben. Das sagte Scheffler im April 2019 gegenüber dem Handelsblatt. Daher müsse er als Insolvenzverwalter ausgeschüttete Scheingewinn zurückfordern – so die Kurzfassung seines Standpunktes.
LG Heilbronn folgt nicht dem BGH
Anwalt Rathgeber zufolge haben in der jüngeren Vergangenheit viele Gerichte bei “der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der geltend gemachten Rückforderungsansprüche einzig und allein auf die Vermögens- und Ertragssituation der Vermögensanlagegesellschaft in den Zeitpunkten der Auszahlungen abgestellt”. Basis sei ein bekanntes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 1. Oktober 2020 (Az. IX ZR 247/19) gewesen. Das Landgericht Heilbronn dagegen entschied, dass das BGH-Urteil nicht auf jede Konstellation bei einer Insolvenz anzuwenden sei – wie im konkreten Fall des Lombardium-Anlegers.
“Auch nach Ansicht des Landgerichts Heilbronn gehen der tatsächlichen Ertrags- und Vermögenssituation die Regelungen der Beteiligungsverhältnisse vor. Stellen diese Regelungen darauf ab, dass sich die Gewinnbeteiligung des Anlegers an den von den Gesellschaften vor Ausschüttung festgestellten Jahresabschlüssen orientieren, ist auch ein Insolvenzverwalter an diese Regelungen gebunden”, erläutert Anwalt Rathgeber. Die tatsächliche Vermögens- und Ertragslage der insolventen Gesellschaft zu den Zeitpunkten der Ausschüttungen dürften nicht die Grundlage sein. Daher sei das Heilbronner Urteil wichtig, weil vielen Beteiligungen an Vermögensanlagegesellschaften “explizite Regelungen der Gewinnfeststellung zwischen Vermögensanlagegesellschaft und Anleger immanent sind”, so der Anwalt. (jb)