Dem Fiskus droht eine Klagewelle. Schon jetzt haben Millionen Steuerzahler Einspruch gegen die Neuberechnung eingereicht.
Nicht wenige Immobilienbesitzer haben in den vergangenen Wochen geschockt auf ihren neuen Grundsteuerbescheid geblickt. Manchen droht eine zehnmal so hohe Steuer wie bisher, falls Kommunen die Steuersätze nicht senken.
Jetzt gibt es Hoffnung: Laut einem Rechtsgutachten des Steuerrechtlers Gregor Kirchhof im Auftrag des Steuerzahlerbundes sowie des Eigentümerverbandes Haus & Grund ist die Grundsteuer verfassungswidrig.Das Gutachten soll nun als Grundlage für Verfassungsklagen beider Verbände dienen. “Es ist offensichtlich, dass die neue Grundsteuer so nicht funktioniert”, sagt der Präsident des Steuerzahlerbunds, Reiner Holznagel.
Damit droht dem Fiskus eine Klagewelle. Schon jetzt haben fast zwei Millionen Eigentümer Einspruch gegen ihre Bescheide eingelegt. Am Ende dürfte es drei Millionen Einsprüche geben, schätzt die deutsche Steuergewerkschaft. Ob das allerdings sinnvoll ist, ist umstritten.
82 Prozent der insgesamt rund 36 Millionen Grundsteuererklärungen sind bei den Finanzämtern eingegangen, zwischen 15 bis 20 Millionen Steuerbescheide hat der Fiskus inzwischen ausgestellt. Viele Steuerzahler seien über ihre Bescheide irritiert, sagt der Präsident von Haus & Grund, Kai Warnecke. So stünde darin nicht, was genau an Grundsteuer gezahlt werden müsse. Außerdem fänden sich in den Bescheiden ein Bodenrichtwert für das eigene Grundstück sowie eine mögliche Miete, die Bürgern “irreal vorkommt”. Er empfehle deshalb allen Steuerzahlern, Einspruch gegen die Bescheide einzulegen, sagt Warnecke.
Die Grundsteuer war 2018 vom Bundesverfassungsgericht wegen zu alter Bewertungsmaßstäbe einkassiert und vom damaligen Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) neu geregelt worden. Elf Bundesländer setzten auf das Bundesmodell, das sich stärker als bisher am tatsächlichen Wert einer Immobilie orientiert. Fünf Bundesländer – Hamburg, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen – erließen eine eigene Grundsteuer.
Die anvisierte Verfassungsklage von Haus & Grund und vom Steuerzahlerbund richtet sich gegen das Bundesmodell. Ein zentrales Problem sind laut dem Gutachten die Bodenrichtwerte, die wenig vergleichbar seien. Als Beispiel nennt Kirchhof Berlin: Die begehrte Wohnlage in Berlin-Wannsee hätte zum 1. Januar 2022 einen Bodenrichtwert von 1500 Euro gehabt, in Neukölln hätte der Wert mit 3200 Euro doppelt so hoch gelegen.Trotz der unsicheren Rechtslage rät der Chef der Steuergewerkschaft, Florian Köbler, Steuerzahlern nicht dazu, Einspruch einzulegen. Denn egal, wie die Verfassungsgerichte urteilten – der Steuerzahler sei geschützt. Denkbar sind laut Köbler drei mögliche Urteile:Variante eins: Die Gerichte halten die Steuer für verfassungsgemäß. Dann müssen die Steuerzahler nach jetzigem Recht Grundsteuer zahlen.Variante zwei: Das Verfassungsgericht erklärt die Grundsteuer seit Anbeginn der Reform für verfassungswidrig. Solch ein Urteil gilt als unwahrscheinlich, sagt Köbler.Variante drei: Die Gerichte erklären die Grundsteuer in Teilen für verfassungswidrig und fordern Nachbesserungen. Solch ein Urteil hält Steuerexperte Köbler für wahrscheinlicher. Aber auch dann wären Steuerzahler durch das Urteil geschützt.Haus-und-Grund-Chef Warnecke hält dagegen: Da derzeit keine Verfassungsklage anhängig sei, sollten sich Steuerzahler durch einen Einspruch absichern. Denn erst wenn ein Klage zugelassen werde, würden Bescheide unter Vorbehalt ausgestellt.Unabhängig vom Gerichtsurteil wird es am Ende auf die Kommunen ankommen. Die Politik hat versprochen, die Grundsteuerreform solle aufkommensneutral sein ! Hohe Mehrbelastungen seien nicht gerechtfertigt.
Wir sind gespannt, wie das alles weitergeht, sagt der Unternehmer und CEO der Dr. Theissen Group, Münster und München !
Dr-Theissen-gmbh.de