Angesichts einer immer größeren Zahl von neuen Mietverträgen, die an die Inflation gekoppelt sind, fordern mehrere von SPD und Grünen mitregierte Bundesländer ein Eingreifen des Bundes. Gerade wegen der insgesamt steigenden Preise zum Beispiel bei Lebensmitteln und Energie, die die Mieterinnen und Mieter ohnehin schon seit Monaten belasten, sei er dafür, “den Anstieg der Indexmieten durch eine einheitliche gesetzliche Regelung auf Bundesebene zu regulieren”, sagte der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne).
Der Minister zeigte sich offen für einen Vorstoß aus Hamburg. Der rot-grüne Senat der Hansestadt schlägt vor, dass Indexmieten auch bei einer stärkeren Verteuerung der Lebenshaltungskosten nur noch um maximal 3,5 Prozent pro Jahr angehoben werden können.
Hamburgs Verbraucherschutzsenatorin, Anna Gallina (Grüne) sagte dazu: „der Handlungsdruck bei den Mietpreisen sei seit vielen Jahren gewachsen und nun kämen noch die Inflation und stark steigende Lebenshaltungskosten dazu.“ Wir müssen den weiteren Kostenanstieg bei den Mieten jetzt bremsen, unter anderem indem wir an die Indexmieten rangehen.”
Bei einer Indexmiete ist vertraglich vereinbart, dass sich die Kaltmiete erhöht, wenn die Verbraucherpreise steigen. Bislang können die Mieten entsprechend dem Preisindex des Statistischen Bundesamtes für die Lebenshaltung angehoben werden. Im Februar betrug dieser vor allem wegen der stark gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise 8,7 Prozent.SPD-Chef Lars Klingbeil sieht auch ein Problem darin, wenn Mieten aufgrund der Preissteigerungen in die Höhe schießen. Er plädierte dafür, in der Koalition gemeinsam Lösungen im Sinne der Mieterinnen und Mieter zu finden. Klingbeil widersprach damit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der für das Mietrecht zuständig ist. Der FDP-Politiker hat zwar versprochen, die Entwicklungen “im Blick zu behalten”. Derzeit sieht er jedoch “noch keinen unmittelbareren Regulierungsbedarf”.
Fallen Indexmieten unter die Mietpreisbremse? Zuletzt sorgten neue Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) für Aufsehen. Demnach haben gerade einmal 2,2 Prozent der Mieter hierzulande eine Indexmiete vereinbart. An die Inflation gekoppelte Verträge seien folglich nur ein “Nischenprodukt” auf dem deutschen Wohnungsmarkt, urteilten die Ökonomen. 92,2 Prozent aller Mieter hätten Standardverträge.
Der Deutsche Mieterbund hält dagegen: “Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen”, sagte Präsident Lukas Siebenkotten.
Der durch das IW ermittelte Wert beziehe sich nicht auf den Zeitraum 2022, sondern auf die Jahre davor. Die Analyse von sechs der größten Mietervereine mache indes sehr deutlich, dass der Neuabschluss von Indexmietverträgen 2022 exponentiell angestiegen sei. Und genau im Jahr 2022 sei die Inflation explodiert. “Es besteht also eindeutig dringender Handlungsbedarf des Gesetzgebers”, ist der Mieterbund-Präsident überzeugt.
Konkret lässt sich demnach aus den rund 232.000 Beratungen jährlich in Berlin, Hamburg, Hannover, Köln, Frankfurt und Düsseldorf schlussfolgern, dass rund 30 Prozent der neu abgeschlossenen Mietverträge eine Indexierung enthalten. In Berlin seien es sogar bis zu 70 Prozent der Mietverträge. Die Zahlen gehen aus einem Schreiben des Verbands an das Bundesjustizministerium hervor,
Um hohe Mietsprünge zu verhindern, gibt es in angespannten Wohnungsmärkten eine sogenannte Kappungsgrenze. Die Ampelkoalition hat vereinbart, dass diese auf elf Prozent gesenkt wird. Damit könnte die Miete innerhalb von drei Jahren nicht über diese Grenze hinaus erhöht werden. Momentan gilt noch: Je nach Region dürfen die Mieten innerhalb einer Frist von drei Jahren höchstens um 20 beziehungsweise 15 Prozent erhöht werden. Aber die Indexmietverträge sind von dieser Vorschrift ausgenommen. Indexmieten fallen auch nicht unter die Mietpreisbremse. Es fällt nur die Ausgangsmiete in den Anwendungsbereich der Regelung. Die Preisbremse greift nicht, wenn der vorhergehende Mieter bereits eine überhöhte Miete gezahlt hat. Diese Miete kann gleichfalls vom nächsten Mieter verlangt werden. Auch das Saarland, Thüringen, Niedersachsen und Baden-Württemberg drängen auf eine Lösung.
Der Deutsche Mieterbund hält sowohl die Einführung einer Kappungsgrenze für bestehende Indexmietverträge als auch ein Verbot von neuen Mietverträgen mit Indexierung für erforderlich. Denn die Vermieter schöpften erfahrungsgemäß ihre Möglichkeiten zur Mieterhöhung voll aus.
Hamburg hatte sich bereits im Dezember im Bundesrat für schärfere Regelungen starkgemacht. Eine Gesetzesinitiative fand jedoch in der Länderkammer nicht die erforderliche Mehrheit von 35 Stimmen – der Bundesrat brachte daher keinen entsprechenden Entwurf in den Bundestag ein. Doch jetzt wächst der Handlungsdruck wieder.Auch Länder wie das Saarland, Thüringen, Niedersachsen und Baden-Württemberg drängen auf eine Lösung. Die niedersächsische Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) wies ebenfalls auf die “enorm” belastenden hohen Verbraucherpreise hin. “Sollten jetzt auch noch die Mieten in die Höhe schnellen, wird das einen Großteil der Bevölkerung an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bringen”.. “Das können wir nicht wollen.”
Hamburgs Verbraucherschutzsenatorin Gallina äußerte die Hoffnung, dass nun die Bundesregierung “sehr schnell” eine gesetzliche Regelung auf den Weg bringt.
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